Die Stunde der Arroganz

Geschichte

Es ist ein ein eitler, alter und merkwürdig eindimensionaler Mann, der da mit über Achtzig schreibt.

Der Tod geht längst in seinem Freundes und Bekanntenkreis um, begleitet von dem Verfall der Körper und der Unbarmherzigkeit des Alterns, trotzdem fokussiert Fritz J. Raddatz sich in seinem Tagebuch auf den Verfall der Umgangsformen bei den Verlagen, den schlechten Wein, den sie zu Lesungen reichen und die unsinnige Frage, ob er, Raddatz, denn im Mittelklassehotel auf Teneriffa als alter Mann noch mit seiner Kleidung Beachtung fände.

Die Frage, was denn nach dem Tode käme und wenn es soweit wäre, wie man sich darauf vorbereiten könne — ob es überhaupt eine Bilanz gäbe im Leben und was denn bliebe, das bleibt merkwürdigerweise völlig ausgespart. Sein Blick auf die Gegenwart kann scharf und klug sein, wenn er etwa die Immobilienentwickler in ihren Sakkos auf den Kanaren beschreibt, deren Tätigkeit es ist, rückhaltlos die Inseln zu ruinieren. Aber das bleibt nur ein Aufblitzen von Leidenschaft in einem Meer der Selbstbezogenheit. Raddatz sieht die zukünftigen Jahre weniger werden, er zählt gewissenhaft seine Leiden auf, die in der Summe wohl recht unbehaglich sind. Dabei ist er finanziell üppig geborgen, seine Tage könnten ohne Arbeit und Sorge sein, nachdem er zuerst stellvertretender Cheflektor für Volk und Welt in DDR gewesen war, dann Cheflektor des Rowohlt Verlages und Chefs des Feuilletons der Zeit.

Die Frage, was denn nach dem Tode käme und wenn es soweit wäre, wie man sich darauf vorbereiten könne — ob es überhaupt eine Bilanz gäbe im Leben und was denn bliebe, das bleibt merkwürdigerweise völlig ausgespart. Sein Blick auf die Gegenwart kann scharf und klug sein, wenn er etwa die Immobilienentwickler in ihren Sakkos auf den Kanaren beschreibt, deren Tätigkeit es ist, rückhaltlos die Inseln zu ruinieren.

Aber das bleibt nur ein Aufblitzen von Leidenschaft in einem Meer der Selbstbezogenheit. Raddatz sieht die zukünftigen Jahre weniger werden, er zählt gewissenhaft seine Leiden auf, die in der Summe wohl recht unbehaglich sind. Dabei ist er finanziell üppig geborgen, seine Tage könnten ohne Arbeit und Sorge sein, nachdem er zuerst stellvertretender Cheflektor für Volk und Welt in DDR gewesen war, dann Cheflektor des Rowohlt Verlages und Chefs des Feuilletons der Zeit.

Raddatz ist eitel, eine Charaktereigenschaft, die er seinem Freund Günther Grass ebenfalls vorwirft, denn er sei nur an seinem Werk interessiert. Andere würden noch ihre Leiden bis zum äußersten vermarkten und zuletzt sei Augstein, der frühere Herausgeber des Spiegel, in den letzen 10 Jahren seines Lebens ein unerträglicher Alkoholiker gewesen. Es ist kein gutes Bild, was von der früheren intellektuellen Elite der BRD gezeichnet wird, noch weniger ist es ein angenehmes Bild über den Heroen der kapitalistischen Gegenwart, den Künstler, der sich selbst entwirft und sich selbst als Maßstab nimmt — es bleibt ein schales Gefühl zurück, jemandem beizuwohnen, der niemanden ausser sich selber sieht. Oder eine Leere anzustarren, die stolz ist, mit mehr als tausend Männern geschlafen zu haben, aber nicht mehr den Stillstand der Zeit kennen will, der in den Armen des anderen liegt.

Foto: Geschäftsauslage, Berlin