Als die Söldner und Fürsten aus dem hohen Norden, die sich in Süditalien festgesetzt hatten, reinen Tisch machten und auf Geheiß des Papstes im 11. Jahrhundert Sizilien eroberten, fanden sie eine eine Mischkultur aus orthodoxen Griechen, katholischen Langobarden, einheimischen Sizilianern, Juden und muslimischen Arabern vor.
Nahezu hundert Jahre blieb diese plurale Kultur im Kern erhalten, erst unter den Staufern kam es zum gescheiterten Aufstand der Muslime, was zu einer Zwangslatinisierung der Insel führte.
Nur noch in den von den Normannen errichteten Kirchen, Domen und Klöstern ist die Magie dieser polyphonen Welt spürbar. Nichts scheint in diesen Bauten zusammenzugehören, byzantinische Fresken mit Goldgrund, arabische Muster und Ornamente werden in romanische Kirchen integriert, es ist, als würde märchenhafte Fülle hereinbrechen, die künstlerische und spirituelle Traditionen vereint, die so nie zueinander passen wollten.
So erscheint das Antlitz Christi, wie es in Byzanz seit der späten Antike überliefert wurde, auf Goldgrund und die Heiligen und Figuren der Apokalypse weisen auf die letzte Entscheidung der Seele. Das Ornament der Marmorplatten und der Fassaden spiegelt die rauschhafte, gegenstandslose Schau des Islams wider. In ihr löst sich alles in Muster auf und führt in die Versenkung. Tanzende, strukturierte Formen werden anderswo im islamischen Raum zu kontemplativen Mustern, die auf etwas ganz Anderes hindeuten. In der Palastkapelle spiegelt das Ornament des Daches den Sternenhimmel wider, eine Anspielung, die im frühen Islam allgegenwärtig war. Das alles ist in traditionellen Langschiffen der lateinischen Kirche, die in ihrer Ausdehnung die Eroberung der Welt vorwegzunehmen scheinen.
Die Kirche San Giovanni degli Eremiti wurden von arabischen Architekten erbaut. Foto Nr. 2 und Nr. 14 Stefan Hofmann